Montag, 15. Oktober 2007

CESATCH, Chuquisaca, Bolivia

CESATCH (Centro de Servicios Agropecuarios Técnicos Chuquisaca) hat seinen Sitz in Sucre, doch die Arbeit findet in der laendlichen Region der Provinz Chuquisaca statt. Chuquisaca zaehlt zu einer der aermsten Regionen Boliviens und zeichnet sich durch eine schlechte Infrastruktur aus. CESATCH ist, wenn auch mit Pause, bereits seit vielen Jahren Projektpartner von terre des hommes.

Die Region ist dadurch gepraegt, dass die lokalen Kulturen noch stark gelebt werden. Wir hatten die Moeglichkeit mit dem Koordinator Victor den "typischen Markt" in Tarabuko zu besuchen, wo wir viele Maenner uns Frauen in ihren farbenfrohen Trachten sahen. Auf diesem Markt wird neben den lokalen landwirtschaftlichen Produkten die bunte Webware der Umgebung verkauft. Victor hat uns in einem kleinen Museum erklaert, dass die Motive auf den typischen tarabukensischen Stoffen Geschichten erzaehlen, die sich um das alltaegliche Leben der Menschen drehen: Es koennen Szenen rund um's haeusliche Leben sein, oder besondere Situationen wie der Karneval oder eine Beerdigung. Die Stoffe sind sehr fein gewebt und haben fuer Bolivien stattliche Preise.

Anschliessend sind wir dann in ein kleines Doerfchen mit dem Namen Morado Q'asa geradelt, in dem CESATCH arbeitet. Zielgruppe des durch terre des hommes unterstuezten Projektes sind Schulklassen und Lehrer in kleinen Gemeinden der Umgebung, mit denen zu Umwelterziehung gearbeitet wird. Es finden regelmaessige Workshops statt, Schulgaerten werden angelegt und auch die Eltern werden beraten.

Mit anderen Projekten werden in den Gemeinden Genossenschaften zur Gemuese-, Obst-, Fisch- oder Honigprodukion aufgebaut. Zudem gibt es eine Gemeinde wo viel Frauen sehr kreative Webarbeiten produzieren, die in der Umgebung verkauft werden. Vielen Familien fehlen vor allem Einkommensmoeglichkeiten, so dass zahlreiche Haeuser schon leerstehen, da die Besitzer ihr Glueck in wirtschaftlich staerkeren Regionen im bolivianischen Tiefland oder im Ausland gesucht haben. CESATCH versucht, mit den Gemeinden neue Wege und Moeglichkeiten fuer einen nachhaltigen Entwicklung zu finden. Ein Mitarbeiter-Team ist immer fuer 20 Tage im Monat vor Ort und organisiert die Arbeit.

Zu unserem Glueck stand in einer der Gemeinden ein Schuljubilaeum an, was mit einem grossen Fest gefeiert wurde. Das ganze Dorf war auf den Beinen, ueberall wurde Essen gekocht und Chicha, eine Eigenbrau- Maisbier, gereicht. In der Schule wurde von der 1. bis 6. Klasse traditionelle Taenze und Theaterstuecke aufgefuehrt. Es wurden Reden gehalten, Vertreter des "Municipios"(Kreis) waren angereist, es gab eine Ausstellung mit typischen regionalen Gemuesesamen und unterschiedlichen Kartoffel- und Maissorten aus einer Region Perus. Die Themen kulturelle und biologische Vielfalt sind auch bei diesem Projektpartner sehr verankerte Schwerpunktthema. Im Anschluss wurde ein Fussballtunier mit Schuelern der 5. und 6. Klassen der umliegenden Gemeinden veranstaltet. Absolut ungewoehnlich war, wie enthusiastisch die Zuschauer, das gesamte Dorf, dem Tunier folgten. Von den kleinen Geschwistern bis zu den Grosseltern waren alle da!

Nach der Siegerehrung war der offizielle Teil dann abgeschlossen und es wurde gefeiert: die zwei das Fest gebenden Familien sorgten fuer das leibliche Wohl der Gaeste und stellten jeweils eine Pucara auf. Die Pucara ist ein aus Holzstangen gebauter Bogen, in dem landwirtschaftliche Produkte, Getraenke, Brote (pan rosceta) oder Kaese aufgehaengt wird. Der Tradition nach, muss am Ende der Feier eine Familie gefunden werden, die das Fest im folgenden Jahr geben wird und die Pucara aufstellt, doch da diese immer waechst (die Menge der aufgehaengten Dinge verdoppelt sich jaehrlich) gibt es auch die Moeglichkeit die Dinge zu verteilen: So kann eine Familie z.B. ein Brot und eine Cola erhalten und muss im folgenden Jahr zwei Brote und zwei Cola fuer die Pucara zur Verfuegung stellen. So wird die finanzielle Last fuer die gastgebende Familie nicht zu schwer. Diese Tradition stammt eigentlich vom Karneval, der in dieser Region das groesste Fest darstellt.
Manche Leute sagen, dass es nicht gut sei, dieses Ritual zu anderen Anlaessen durchzufuehren und erklaeren sich so, dass es z.B. nicht mehr so viel regnet wie frueher.

Am folgenden Tag haben wir in einer der Schulen unseren Workshop zu Vielfalt durchgefuehrt, doch dieses Mal war der theoreische Teil kuerzer und es gab eine praktische Phase: die 15 teilnehmenden Schueler erhielten jeweils in 3er- Gruppen eine "Wegwerf- Kamera" und hatten den Auftrag, mit dieser die Vielfalt ihres Ortes zu fotographieren. Wir waren sehr gespannt und folgten ihnen nach einer gewissen Zeit: Alle waren zum Fluss des Ortes gelaufen und machten dort Fotos von sich in den Gaerten und vor den Eycalyptus Bauemen! Auf die Frage, warum sie denn keine Bilder von ihrem Dorf machten, sagten sie: ¡Es feo! (= Es ist haesslich!)

Als die Bilder entwickelt waren, waren wir etwas enttaeuscht: tatsaechlich waren es meistens Bilder von den Kindern selbst vor wechselndem Hintergrund und nicht wie erhofft Aufnahmen der Umgebung, der Familien oder des Ortes selbst aus der Perspektive und den Augen eines Kindes. Das naechste mal muessen wir wohl doch genauere Angaben machen! Der zweite Teil des Workshops bestand darin, die besten 2 Bilder jedes Photographen in der Kleingruppe auszuwaehlen. Mit diesen gestalltete die Gruppe dann ein gemeinsames Bild. Das Ergebnis waren 5 farbenfrohe Bilder, die dann ausgestellt wurden. Anschliessend wurde die Ausstellung eroeffnet und die Schueler aller Klassen kamen, um sich diese anzusehnen. Als wir sahen, wie gluecklich und stolz die Schueler waren als sie die Fotos erhielten und ausstellten, waren auch wir voellig zufrieden mit dem Ergebnis des Kamera- Experimentes.

Am kommenden Tag machten wir uns wieder auf und radelten auf der Entdeckung der Vielfalt in Richtung Cochabamba, wo der Sitz des terre des hommes Andenbueros ist.

Hier die Fotos zu unserem Besuch bei CESATCH
CESATCH