Dienstag, 29. Juli 2008

waman wasi, Lamas, Peru

waman wasi ist der Name des einzigen Projektpartners von terre des hommes, der das Thema der kulturellen Staerkung im Amazonasgebiet behandelt. Seinen Namen hat die Organisation von dem groessten Apu der Region, dem gleichnamigen Berg waman wasi. Zielgruppe ist eine Gemeinschaft von quetchua sprechenden Indigenas, die vor langer Zeit (man spricht von mindesrens 500 Jahren) aus den hohen Anden ins obere Amazonasgebiet gewandert sind. Wann genau das war, weiss keiner mehr und warum, ist auch nicht mehr bekannt. Heute leben sie groessten Teils noch im Einklang mit der Natur im und vom Regenwald.

Fuer uns war nun wieder alles neu: Die cosmovision amazonica, die Weltanschauung der hier lebenden Menschen, hat viele Parallelen zur cosmovision andina, jedoch mindestens genau so viele Unterschiede. Es faengt bereits damit an, dass die kultivierten Lebensmittel andere sind. Viele Knollen und Huelsenfruechte, die wir bisher nicht kannten, werden im Amazonasgebiet angebaut. Die Art des Anbaus ist auch nicht identisch mit dem der hohen Berge. In beiden Gebieten werden viele Ernten gemeinsam auf einem Acker angebaut, doch die Vielfalt eines Ackers hier hat uns sehr beeindruckt. Ein Acker den wir gesehen haben, glich eher einem bunten Wald: Neben verschiedenen kartoffelatrigen Knollen wurden unterschiedliche Bananen- und Bohnensorten, Baumwolle, Mais, Zitrusfruechte, Kaffee, Kakao und noch viel mehr angebaut! Natuerlich alles in kleinen Mengen - fuer den persoenlichen Verbrauch bestimmt, nur der Ueberschuss wird verkauft.

Dort lernten wir auch die "mani del monte" kennen, die Erdnuss der Inka, auch sacha inchi genannt. Diese Nuss waechst am Baum und ist besonders reich an Omega 3 und ungesaettigten Fettsaeuren. Sie wird in den traditionellen Gerichten verwendet und fuer teures Geld auf dem lokalen Markt gehandelt, ihr Preis auf dem internationalen Markt ist noch hoeher. Darum stellt sie neben einer gesunden Nahrungsergaenzung eine zusaetzliche Geldquelle dar.

"Die Voegel helfen uns zu saeen, wenn sie Samen in den monte tragen" Angel, Gemeindevorsitzender

"monte" wird der unberuehrte Wald genannt. Traditioneller Weise gehoert jeder Familie neben ihren Aeckern auch ein Stueck monte, das als Quelle verschiedener Samen gilt und zum Erhalt der Vielfalt beitraegt. Hier wachsen auch viele der medizinischen Pflanzen. Durch das Teilen der Aecker, bei der Weitergabe an die Kinder, werden die Flaechen immer kleiner und viele Familien haben nicht mehr die Moeglichkeit einen monte zu pflegen. Manchmal ist die Bedeutung dieses geschuetzten Gebietes bereits vergessen, und es wird nur auf den schnellen Nutzen geachtet, dann wird zum Beispiel Kaffee, Kakao oder sacha inchi in einer Monokultur angebaut, um die Ernten zu verkaufen. Doch diese Rechnung ist kurzfristig und sieht nur den einmaligen Gewinn. Es kommt vor, dass Familien, durch die schnelle Verdienstmoeglichkeit geblendet, vergessen genuegend Pflanzen fuer den eigenen Konsum anzubauen.

Hier setzt das terre des hommes gefoerderte Pojekt an. Ernaehrungssicherung im Einklang mit der Natur: "Aussaen, um zu essen" heisst die Kampagne, die derzeit durchgefuehrt wird. Zielgruppe sind die jungen Frauen und Muetter, da sie fuer die Zubereitung der Nahrung zuestaendig sind. Die Erfahrungen zeigen, dass die Maenner sehr anfaellig fuer die von Agratechnikern beworbenen Monokulturen sind, um damit schnell Geld zu verdienen, jedoch die Narungssicherheit der Familie dabei voellig ausser Acht lassen. Doch eine Gruppe aus der Gemeinschaft zu isolieren waere kontraproduktiv. waman wasi arbeitet immer mit der gesamten Gemeinde, damit alle die Richtung mittragen koennen, in die gegangen werden soll. Wenn das nicht getan wird, ist voraussehbar, dass das Projekt sich nicht durchsetzt.

Ein weiterer wichtiger Strang der Arbeit ist die Weitergabe des gesammelten Wissens von den Alten an die Jungen. Durch die Werbung und die konventionelle Schule beeinflusst, haben die Jugen oft kein Interesse mehr, in der Gemeinde zu leben und das alte Wissen wird nicht wertgeschaetzt. Auch aus diesem Grund arbeitet waman wasi stets mit der gesamten Gemeinde.

Wir haben uns mit Don Christobal aus San Miguel unterhalten, um seine Erfahrungen des Projektes kennen zu lernen. Er ist heute 71 Jahre alt und ist curadero (=traditioneller Heiler). Er erzaehlte uns bei einem Spaziergang durch seinen Acker, wie wichtig die Anwendung von verschiedenen Diaeten fuer das Zusammenleben von Mensch und Natur ist. Nur, wenn zum Beispiel vor einer Jagd im monte eine mehrtaegige Kur durchgefuehrt wird, ist der Jaeger in der Lage eins zu werden mit dem monte, und nur dann haben die Tiere keine Angst vor ihm und ziehen sich nicht zurueck. Das Geheimnis ist, dass durch die Kur mit Rinden verschiedener Baeume (die beruehmteste ist die Ayahuasca-Rinde) die im monte wachsen, die anima, die Seele, des Waldes aufgenommen wird. So kann der Jaeger sich im Einklag mit dem monte bewegen, da seine Seele eins geworden ist mit ihm.

Don Christobal berichtet uns, dass viele Jugendliche heute in die Stadt gehen, aber trotzdem noch einen curadero aufsuchen, wenn sie Beschwerden haben. Den Beruf jedoch erlernen, das konnten sich wenige vorstellen. Nachdem waman wasi einen workshop organisiert hat, in dem die curaderos den Jugendlichen ueber ihre Arbeit berichten, hat er nun einige Schueler, denen er sein Wissen weitergibt.

Mit waman wasi haben wir unser letzte Projekt Perus besucht, das zur kulturellen Staerkung arbeitet. Nun haben wir erstmal "Urlaub" in Ecuador, bevor wir in Kolumbien wieder Projektpartner besuchen werden.

Zur Bilderschau ueber das Projekt: