Mittwoch, 14. November 2007

Besuch in Cochabamba, Bolivien

Es gab viel zu erledigen, was wir uns fuer Cochabamba aufgehoben haben: Berichte wollten geschrieben und Fotos sortiert werden, aber auch Projekte sollten besucht werden.

Das erste cochabambiner Projekt, das wir kennelernten, war CEIISA (Centro de Estudios e Investigación en Impactos Socio Ambientales). Sie arbeiten gegen den Pestizideinsatz in der Blumen- und Gemüseproduktion. Das von tdh unterstuetzte Projekt setzt bei den Kindern an: In den Schulen werden Unterrichtseinheiten angeboten, in denen die Schueler lernen, was Pestizide ueberhaupt sind, denn viele ihrer Eltern arbeiten taeglich mit diesen. Und da die Eltern oft nicht lesen koennen und auch sonst niemand sie darueber aufklaert, wie giftig die Pestizide teilweise sind, leiden viele an den Folgen: von Kopfschmerzen ueber Uebelkeit bis hin zu genetischen Schaeden der Kinder.

Doch das aendert sich nun: die Kinder koennen uns genau erklaeren, welche Symptome ich bekommen kann, wenn ich Pestizide einsetze und wie ich mich am besten verhalte, um dem vorzubeugen. Ausserdem lernen sie alternative natuerliche Methoden zur Schaedlingsbekaempfung kennen. In kleinen Schulgaerten ueben sie dann: von der Aussaat bis zur Ernte werden keine Chemikalien eingesetzt. Die Schueler haben grossen Spass an dem praktischen Teil, und kuemmern sich mit viel Einsatz um die Gaertchen: Unkraut jaeten, Wasser geben, usw... keine Arbeit wird als schlecht empfunden!

Auf einem jaehrlich stattfinden Fest der Organisation im Ortszentrum praesentierten die Schueler dann das, was sie gelernt haben der Oeffentlichkeit: Jede Klasse bereietete einen Stand vor in dem die Bevoelkerung auf anschauliche Weise vermittelt bekam, was Pestizide sind und wie sie wirken. Nun ist es an der Reihe der Erwachsenen den Kindern gut zuzuhoeren!

CEIISA organisierte das Fest, doch die Gemeinde unterstuezte sie - am staerksten ideologisch. Denn auch ihnen ist bewusst geworden, dass das Oertchen, das bekannt ist fuer seine Gemuese- und Blumenproduktion, auf Dauer einen Schaden nimmt, wenn es bei dem Einsatz der harten Chemikalien bleibt. So sind sie bemueht wenigstens auf lokaler Ebene den Pestzideinsatz zu verringern.

Auf nationaler, wie auch auf internationaler Ebene kaempft CEIISA mit gleichgesinnten fuer das Verbot der gefaehrlichsten Produkte: Viele sind in anderen Laendern bereits verboten, doch in Bolivien noch erlaubt. Das deutsche Unternehmen Bayer z.B. ist ganz gross im Geschaeft: In Deutschland verboten werden die Gifte exportiert...

INFANTE (Promoción Integral de la mujer y la infancia) ist ein weiterer Projektpartner in Cochabamba. Das von tdh unterstuezte Projekt ist ein Frauenhaus - das einzige dieser Art ganz Boiviens, wie uns mitgeteilt wurde! Hierher koennen Frauen mit ihren Kindern kommen, wenn sie mittelfristig Unterschlupf suchen. Die Ursachen sind meist interfamiliaereGewalt in den unterschiedlichsten Formen. Sie kann physisch, psychisch oder sexueller Art sein - INFANTE nimmt alle Opfer auf, wenn es genug Platz gibt. Das heisst bis zu fuenf oder sieben Kinder und die Mutter werden aufgenommen und teilen sich 2 - 3 Betten, derzeit sind elf Frauen dort, viele mit ihren Kindern. Oft teilen sich zwei Familien einen Raum.

Waehrend des Aufenthalts im Frauenhaus werden die Kinder durch eine Erzieherin betreut, wobei sie spielerisch zu Themen wie emotionelle Intelligenz oder Selbstbewusstseinsstaerkung arbeiten. Die Muetter erhalten in psychologhischen Einzelgespraechen individuelle Untertuetzung - in Gruppengespraechen teilen sie ihre Erfahrungen und lernen, dass sie auch Rechte haben. Eine Frau teilte uns mit, dass sie nun weiss, dass sie auch ein Mensch mit eigenen Rechten ist: "Zu Hause regieren die Maenner und stellen die Regeln auf! Doch nun weiss ich, was meine Rechte sind und ich werde mir das nicht mehr laenger gefallen lassen!"

In der Einrichtung koennen die Frauen bis zu drei Monaten bleiben. Das Essen, das sie selber im Turnus zubereiten, wird vom Staat finanziert. Die laufenden Ausgaben muss die Organisation selber aufbringen. terre des hommes uebernimmt einen grossen Teil der Kosten. Der Rest wird als symbolischer Beitrag von den Taetern gezahlt - so ist zumindest die Idee. Viele zahlen, doch manche verweigern dies, so dass die Frau sich durch kleine Arbeiten, wie Putzen oder den Verkauf selber produzierter Dinge, das Geld verdienen muss. Ein Projekt in der Vorweihnachtszeit ist es, Plaetzchen zu backen und diese an andere Nichtregierungsorganisationen oder Firmen in Form zu verkaufen.

Manche Frauen brechen den Aufenthalt in der Einrichtung ab, doch die meisten verlassen sie nach drei Monaten gestaerkt: Einige von ihnen gehen mit den Kindern zurueck zu ihren Maennern, doch andere versuchen es lieber alleine.

Ein Highlight unseres Aufenthaltes war die zweite Aktion der lokalen Plattform im Rahmen der Kampagne "Globalisierung, Kinder kulturelle und biologische Vielfalt". Hierzu haben sich alle tdh- Projektpartner der Region zusammengeschlossen und
in Sacaba, einem Vorort von Cochabamba, auf der "Plaza Central", direkt vor der Kirche und nach der Sonntagsmesse, ein großes Fest organisiert. Jeder Projektpartner hat seinen Zusammenhang mit Vielfalt herausgearbeitet und dieses dargestellt: CEIISA, z.B., hat verdeutlicht, dass die Pestzide nicht in die andine Kulture gehoeren und ueber die Folgen des Pestizideinastzes aufgeklaert.

PUSISUYU (Servicios Andinos Pusisuyu) arbeitet zum Thema Ernaehrungssicherheit mit Gemeinden auf dem Land. Sie haben diverse Samen von Kartoffeln, Mais und Huelsenfruechten ausgestellt. Die Bauern der Umgebung konnten sich einige der Samen mitnehmen, um sie auf ihren Äckern zu kultivieren - so funktioniert das hier! Andere Projektpartner aus den tropischen Regionen von Cochabamba konnten so z.B. ihre Avocados und Bananen gegen Kartoffeln und Mais eintauschen.

Das Fest war ein großer Erfolg: viele Kinder der Organisationen INFANTE, WIÑAY PACHA u.a. haben Theaterstücke, Puppentheater oder traditionelle Tänze vorgeführt und der halbe Ort hat sich um sie gedraengelt, um etwas sehen zu können. Auf diese Weise wurden wichtige Themen wie "kulturelle und biologische Vielfalt", "Stopp des sexuellen Missbrauchs", "Rechte" und aehnliches auf spielerische Weise den Kindern und Eltern näher gebracht.

In der folgenden Woche wollten wir eigentlich das Projekt PUSISUYU besser kennenlernen und mit dem Koordinator in die laendlichen Gemeinden fahren - doch das Wetter hat uns einen Strich durch die Planung gemacht: Durch starke Regenfaelle sind die Zufahrtsstrassen in die Gemeinden fuer Autos unpassierbar geworden! So haben wir nebenbei die Realitaet der Projektpartner kennengelernt: In der Regenzeit sind viele Strassen auf dem Land unpassierbar und die Doerfer oft ueber einige Wochen vom restlichen Land abgeschnitten. Das macht die Arbeit in den Projekten sehr schwer und die Versorgung der Doerfer mit Lebensmitteln erst recht. Da verstanden wir auch gleich noch einmal mehr, warum es fuer die Gemeinden so wichtig ist, autark in der Lebensmittelproduktion zu sein!

Stattdessen nahm Britta an einem Treffen der UNATSBO teil, dem bolivienweiten Netzwerk der arbeitenden Kinder und Jugendlichen (NATs) des Landes. Diese Vereinigung ist derzeit in einer Krise. Um aus dieser raus zu kommen, wurde ein Treffen organisiert, in dem Deligierte der NATs, Organisationen, die mit ihnen arbeiten, und "Freunde der NATs", die sie individuell immerwieder unterstuetzen, teilnahmen. Gemeinsam wurde der Ursprung der Krise analysiert und es wurde ueberlegt, wie die UNATSBO mit vereinten Kraeften aus dieser Krise kommen koennte.

Es wurde ein Papier zum weiteren Vorgehen erarbeitet, und was sehr wichtig war, es wurden Forderungen an die Minister formuliert, denn diese sind gerade im Prozess eines neuen Verfassungsentwurf im Rahmen der Verfassungsgebenden Versammlung. Die UNICEF und ILO fordern mit grossem Druck von der bolivianischen Regierung in der neuen Verfassung das Verbot von Kinderarbeit zu verankern - doch das widerspricht den Interessen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen, die arbeiten muessen, um zum Familienunterhalt beizutragen. Die Petition der UNATSBO wurde kurz nach dem Treffen an den Aussenminister uebergeben, der sich sehr offen fuer das Anliegen der NATs gezeigt hat und versprochen hat, diese in der Verfassung zu beruecksichtigen... wir werden sehen!?!

An dem Treffen der UNATSBO nahm auch die Organisation AVE (audiovisuales educativos)teil, die von tdh punktuell unterstuetzt wird. Sie arbeiten mit den NATs des Generalfriedhofes von Cochabamba zusammen, indem sie z.B. Zeichentrickfilme mit ihnen erstellen. Unter anderem ist in der Zusammenarbeit mit ihnene eine Dokumentation ueber die NATs entstanden, die sehr gut erklaert, warum sie arbeiten muessen. Die NATs stellen sich mit grossem Selbstbewustsein vor und es wird deutlich, dass die Realitaet in Bolivien einfach eine andere ist, als die in z.B. Deutschland. Dieser Film hat uns so gut gefallen, dass wir die deutschen Untertitel fuer ihn erstellt haben, damit er in den Schulen zur Aufklaerung ueber die NATs verwendet werden kann.

Zu den Bildern der Projektbesuche:

Projektpartner in Cochabamba

Dienstag, 13. November 2007

Erklaerung des Bildes

Dieser Wandteppich wurde von den Frauen des Projektes Suma Yapu in Juli/ Peru, hergestellt. Er ist gestickt und zeigt die Vielfalt der Andenregion mit den typischen Dorfszenen. Das Projekt hat sich zum Ziel gemacht, die traditionellen, baeuerlichen Braeuche weiter zu erhalten, den Kindern und Jugendlichen jedoch auch Zugang zum modernen Wissen zu geben, damit den Kindern die Chancen der Welt offen gehalten werden. »Wir wollen beides Wissen«, so das Motto.

Im Folgenden werden die einzelnen Szenen des Bildes erklaert:


1) Opferritual fuer Pacha Mama (Mutter Erde) mit Koka, Maisbier, evtl. Wein. Das Ritual wird vor wichtigen landwirtschaftlichen Aktivitaeten, aber auch vor Versammlungen, Reisen usw. durchgefuehrt.
2) Kartoffelaussaat.
3) Auch die heiligen Berge und das Wasser haben Gefuehle. Mit passender Musik und Ritualen wird um Regen und um die Nutzung des Wassers gebeten.
4) Nachbarschaftshilfe beim Hausbau. Frauen bereiten das anschliessende gemeinsame Essen vor.
5) Totora-Schilf wird gecshnitten.
6) Weben.
7) Zur Schule gehoert auch ein Gemeinschaftsacker, auf dem gerade geerntet wird.
8) Chuño-Produktion: Mit den Fuessen wird das Wasser aus den Kartoffeln gepresst.
9) Umgraben der Erdkrumme.
10) Warentransport mit Lamas.
11) Fest der Uebergabe von Tieren in die Verantwortung von Kindern.
12) Hochzeitsfeier.
13) BriSi en Bici - Britta und Simon radeln fuer Vielfalt

Mehr Informationen ueber das Projekt Suma Yapu gibt es hier.

Das Bild kann als "Wandzeitung zu Vielfalt am Titicacasee" ueber die Geschaeftsstelle von terre des hommes bozogen werden. Diese enthaelt weitere Informationen, sowie Anregungen fuer die Behandlung des Themas im Unterricht.

Montag, 15. Oktober 2007

CESATCH, Chuquisaca, Bolivia

CESATCH (Centro de Servicios Agropecuarios Técnicos Chuquisaca) hat seinen Sitz in Sucre, doch die Arbeit findet in der laendlichen Region der Provinz Chuquisaca statt. Chuquisaca zaehlt zu einer der aermsten Regionen Boliviens und zeichnet sich durch eine schlechte Infrastruktur aus. CESATCH ist, wenn auch mit Pause, bereits seit vielen Jahren Projektpartner von terre des hommes.

Die Region ist dadurch gepraegt, dass die lokalen Kulturen noch stark gelebt werden. Wir hatten die Moeglichkeit mit dem Koordinator Victor den "typischen Markt" in Tarabuko zu besuchen, wo wir viele Maenner uns Frauen in ihren farbenfrohen Trachten sahen. Auf diesem Markt wird neben den lokalen landwirtschaftlichen Produkten die bunte Webware der Umgebung verkauft. Victor hat uns in einem kleinen Museum erklaert, dass die Motive auf den typischen tarabukensischen Stoffen Geschichten erzaehlen, die sich um das alltaegliche Leben der Menschen drehen: Es koennen Szenen rund um's haeusliche Leben sein, oder besondere Situationen wie der Karneval oder eine Beerdigung. Die Stoffe sind sehr fein gewebt und haben fuer Bolivien stattliche Preise.

Anschliessend sind wir dann in ein kleines Doerfchen mit dem Namen Morado Q'asa geradelt, in dem CESATCH arbeitet. Zielgruppe des durch terre des hommes unterstuezten Projektes sind Schulklassen und Lehrer in kleinen Gemeinden der Umgebung, mit denen zu Umwelterziehung gearbeitet wird. Es finden regelmaessige Workshops statt, Schulgaerten werden angelegt und auch die Eltern werden beraten.

Mit anderen Projekten werden in den Gemeinden Genossenschaften zur Gemuese-, Obst-, Fisch- oder Honigprodukion aufgebaut. Zudem gibt es eine Gemeinde wo viel Frauen sehr kreative Webarbeiten produzieren, die in der Umgebung verkauft werden. Vielen Familien fehlen vor allem Einkommensmoeglichkeiten, so dass zahlreiche Haeuser schon leerstehen, da die Besitzer ihr Glueck in wirtschaftlich staerkeren Regionen im bolivianischen Tiefland oder im Ausland gesucht haben. CESATCH versucht, mit den Gemeinden neue Wege und Moeglichkeiten fuer einen nachhaltigen Entwicklung zu finden. Ein Mitarbeiter-Team ist immer fuer 20 Tage im Monat vor Ort und organisiert die Arbeit.

Zu unserem Glueck stand in einer der Gemeinden ein Schuljubilaeum an, was mit einem grossen Fest gefeiert wurde. Das ganze Dorf war auf den Beinen, ueberall wurde Essen gekocht und Chicha, eine Eigenbrau- Maisbier, gereicht. In der Schule wurde von der 1. bis 6. Klasse traditionelle Taenze und Theaterstuecke aufgefuehrt. Es wurden Reden gehalten, Vertreter des "Municipios"(Kreis) waren angereist, es gab eine Ausstellung mit typischen regionalen Gemuesesamen und unterschiedlichen Kartoffel- und Maissorten aus einer Region Perus. Die Themen kulturelle und biologische Vielfalt sind auch bei diesem Projektpartner sehr verankerte Schwerpunktthema. Im Anschluss wurde ein Fussballtunier mit Schuelern der 5. und 6. Klassen der umliegenden Gemeinden veranstaltet. Absolut ungewoehnlich war, wie enthusiastisch die Zuschauer, das gesamte Dorf, dem Tunier folgten. Von den kleinen Geschwistern bis zu den Grosseltern waren alle da!

Nach der Siegerehrung war der offizielle Teil dann abgeschlossen und es wurde gefeiert: die zwei das Fest gebenden Familien sorgten fuer das leibliche Wohl der Gaeste und stellten jeweils eine Pucara auf. Die Pucara ist ein aus Holzstangen gebauter Bogen, in dem landwirtschaftliche Produkte, Getraenke, Brote (pan rosceta) oder Kaese aufgehaengt wird. Der Tradition nach, muss am Ende der Feier eine Familie gefunden werden, die das Fest im folgenden Jahr geben wird und die Pucara aufstellt, doch da diese immer waechst (die Menge der aufgehaengten Dinge verdoppelt sich jaehrlich) gibt es auch die Moeglichkeit die Dinge zu verteilen: So kann eine Familie z.B. ein Brot und eine Cola erhalten und muss im folgenden Jahr zwei Brote und zwei Cola fuer die Pucara zur Verfuegung stellen. So wird die finanzielle Last fuer die gastgebende Familie nicht zu schwer. Diese Tradition stammt eigentlich vom Karneval, der in dieser Region das groesste Fest darstellt.
Manche Leute sagen, dass es nicht gut sei, dieses Ritual zu anderen Anlaessen durchzufuehren und erklaeren sich so, dass es z.B. nicht mehr so viel regnet wie frueher.

Am folgenden Tag haben wir in einer der Schulen unseren Workshop zu Vielfalt durchgefuehrt, doch dieses Mal war der theoreische Teil kuerzer und es gab eine praktische Phase: die 15 teilnehmenden Schueler erhielten jeweils in 3er- Gruppen eine "Wegwerf- Kamera" und hatten den Auftrag, mit dieser die Vielfalt ihres Ortes zu fotographieren. Wir waren sehr gespannt und folgten ihnen nach einer gewissen Zeit: Alle waren zum Fluss des Ortes gelaufen und machten dort Fotos von sich in den Gaerten und vor den Eycalyptus Bauemen! Auf die Frage, warum sie denn keine Bilder von ihrem Dorf machten, sagten sie: ¡Es feo! (= Es ist haesslich!)

Als die Bilder entwickelt waren, waren wir etwas enttaeuscht: tatsaechlich waren es meistens Bilder von den Kindern selbst vor wechselndem Hintergrund und nicht wie erhofft Aufnahmen der Umgebung, der Familien oder des Ortes selbst aus der Perspektive und den Augen eines Kindes. Das naechste mal muessen wir wohl doch genauere Angaben machen! Der zweite Teil des Workshops bestand darin, die besten 2 Bilder jedes Photographen in der Kleingruppe auszuwaehlen. Mit diesen gestalltete die Gruppe dann ein gemeinsames Bild. Das Ergebnis waren 5 farbenfrohe Bilder, die dann ausgestellt wurden. Anschliessend wurde die Ausstellung eroeffnet und die Schueler aller Klassen kamen, um sich diese anzusehnen. Als wir sahen, wie gluecklich und stolz die Schueler waren als sie die Fotos erhielten und ausstellten, waren auch wir voellig zufrieden mit dem Ergebnis des Kamera- Experimentes.

Am kommenden Tag machten wir uns wieder auf und radelten auf der Entdeckung der Vielfalt in Richtung Cochabamba, wo der Sitz des terre des hommes Andenbueros ist.

Hier die Fotos zu unserem Besuch bei CESATCH
CESATCH

Montag, 17. September 2007

LIDER, informelle Bildung, Sucre, Bolivia

LIDER (linea institutional de desarrollo rural), wird durch terre des hommes in einem Projekt in der Stadt Sucre unterstuetzt. Viele Jugendliche ziehen mit ihren Familien, oder auch alleine, in die Stadt, da sie dort auf ein besseres Leben hoffen. Doch in der Realitaet ist es fuer die Eltern oft schwer in der Stadt eine Arbeit mit fester Anstellung zu finden. So leben sie meistens in abgelegenen Vierteln, die sich durch schlechte Infrastruktur auszeichnen. Manchmal sind die Strassen nicht asphaltiert, andere Male gibt es keinen Strom, oder kein fliessendes Wasser.

Doch die Kinder sollen es besser haben - darum gehen sie in die Schule und arbeiten hart daran, einen Abschluss zu erhalten. An dieser Stelle setzt das Projekt von LIDER an: In den Schulen der Randbezirke werden workshops fuer die Jugendlichen angeboten, in denen sie zu guten, kritischen "Anfuehrern" (span. = lider) ausgebildet werden, mit dem Ziel, dass sie Verantwortung in ihren Vierteln uebernehmen oder sich in anderen Organisationen der Zivilgesellschaft engagieren koennen.

Der Grund dafuer, dass Jugendliche die Zielgruppe sind, ist, dass 49,2% der bolivianischen Bevoelkerung unter 19 Jahren alt sind, wenn man die jungen Erwachsenen von 20 bis 24 Jahren dazunimmt, sind es knapp 59%! Demnach sind die Jugendlichen nicht Boliviens Zukunft, sondern dessen Gegenwart! Doch diese grosse Bevoelkerungsgruppe ist nach wie vor diejenige, die am wenigsten politische Macht hat. Und nur ein verschwindend geringer Anteil der Jugendlichen nimmt an sozialen oder politischen Gremien teil.

In einem workshop, an dem wir teilnahmen, wurde gemeinsam mit den Jugendlichen erarbeitet, warum es so wenig Partizipation von Jugendlichen in den Nachbarschaftszentren gibt: Die Jugendlichen haben einerseits Angst, sie koennen sich nicht aeussern, andererseits fuehlen sie sich von den Erwachsenen nicht ernst genommen. Andere haben kein Interesse oder einfach keine Informationen ueber ihre Rechte und Moeglichkeiten.

LIDER arbeitet mit ueber 100 Jugendlichen und jungen Erwachsenen von 13 bis 25 Jahren in den Rangebieten Sucres. Sie lernen in verschiedenen Modulen die Geschichte Boliviens, wie Demokratie funktioniert, die aktuelle politische Situation und ihre Rechte von einer kritischen Seite aus kennen. Diese Module sind partizipativ aufgebaut, mit dem Ziel, dass die TeilnehmerInnen selber den Ablauf aktiv mitgestallten koennen und durch die Parxis lernen, sowie Vorbehalte abbauen. Hierzu ist anzumerken, dass der Unterrichtsstil in Bolivien meist frontal ist und es den Schuelern oft schwer faellt, sich frei zu aeussern und ihre Gedanken auszudruecken. (Manche trauen sich noch nicht einmal sich vorzustellen.) Durch diese neue Form des Lernens werden viele dieser Hemmungen abgebaut.

Besonders hervorzuheben ist, dass das Thema wirklich Anklang findet. So haben sich aeltere Geschwister von workshop Teilnehmern an LIDER gewandt mit der Bitte, ebenfalls an diesen workshops teilnehmen zu koennen und daraufhin eine eigene Gruppe gegruendet.

Wie wir selber miterleben konnten, nehmen die Schueler mit grosser Freude an den workshops teil. So wurde die Frage, ob sie mit uns zu einem extra Termin in ihrer Freizeit einen workshop zum Thema "Vielfalt" machen moechten, in allen Klassen einstimmig mit ¡¡Siii!! (= Jaaaa!!!) beantwortet. (Soviel Zustimmung haetten wir nicht erwartet!)

In den workshops haben wir unsere Methoden etwas auf die speziellen Besonderheiten jeder einzelnen Gruppe abgestimmt. Ziel war es jeweils zu erarbeiten, was Vielfalt ist, die Zusammenhaenge zwischen der bolivianischen Vielfalt und dem Weltmakt darzustellen, und Loesungen zu erarbeiten, was getan werden kann, um die vorhandene Vielfalt zu erhalten. Besonders gut geeignet war der Film "Liebevolle Lehrer" (Vorstellung von PRATEC, Peru), um ein Beispiel zu zeigen, wie die Vielfalt in den Anden Perus erhalten wird.

In vier verschiedenen Gruppen haben wir unseren workshop angeboten. Die Ergebnisse waren so vielfaeltig wie das Thema selbst. Mal lagen die Schwerpunkt mehr in der Biodiversitaet, eine andere Gruppe diskutierte sehr kontrovers ueber die kulturellen Anspekte der Vielfalt im besondern fuer Bolivien.

Etwas, das die Teilnehmer in ihrer Sprache Quetchua gerne nach Deutschland weitergeben moechten:

¡Ukhu sunquymanta jatun napayku apakunaykichis tiyan!
(dtsch = Von ganzem Herzen senden wir liebe Gruesse an alle!)

¡Ancha munakuyku kay pachata!
(dtsch = Wir moegen diese Welt sehr!)

¡Nuquayku munayku kay tukay yachaykunasta wawaquaychakunata tukuy mundu jallp’api!
(dtsch = Wir mochten, dass alle Kuturen auf der ganzen Welt erhalten bleiben!)

Und in spanisch:
¡La diversidad no sea motivo de conflictos, sí no para unir nos mas!
(dtsch = Die Vielfalt sollte kein Grund fuer Konflikte sein, sondern dafuer, uns mehr zu vereinigen!!)!


Fotos zu diesem Projektbesuch in einer Diashow
LIDER

Mittwoch, 5. September 2007

PASOCAP, NATSs in Potosí, Bolivien

Der erste Projektpartner von terre des hommes, den wir in Bolivien besuchten, befindet sich in Potosí (knapp 4000m), der hoechstgelegenen Stadt dieser Groesse der Welt. In der Region gibt es nicht viele Einkommensquellen, das Klima ist zaeh und die Hoehe und abgelegene Lage inmitten der Anden, zieht keine weitere Industrie an. Was es gibt, sind Minen: Es wird Zinn, Kupfer und Silber abgebaut. Da die Gehaelter im nationalen Vergleich sehr hoch sind, werden die Gefahren der Minenarbeit ignoriert und mit dem derzeitigen Boom im Mineralgeschaeft steigt auch die Zahl der Minenarbeiter. Auch viele Kinder und Jugendliche gehen dort arbeiten, um zum Wohl der Familie beizutragen. PASOCAP (Pastoral Social y Caritas Potosi) ist Projektpartner von terre des hommes und versucht mit dem Projekt fuer arbeitende Kinder und Jugendlichehe dem vorzubeugen, dass diese in die Minen gehen.

PASOCAP ist dort die Anlaufstelle fuer arbeitende Kinder und Jugendliche, die in nicht ausbeuterischen Bereichen arbeiten und parallel die Schule besuchen. Das sind zwei der Hauptbedingungen, die sie erfuellen muessen. Wenn sie die Schule abbrechen, oder nicht bereit sind sich in einer anzumelden, dann duerfen sie nicht weiter Mitglied der NATs sein. Diese Regeln haben die Kinder und Jugendlichen fuer sich selber festgelegt. Bei PASOCAP koennen sie Unterstuetzung bei fast allen Schwierigkeiten finden, ob es Hausaufgaben sind oder Konflikte bei der Arbeit.

NATs, niñ@s y adolescentes tarbajadores (= arbeitende Kinder und Jugendliche), ist die Organisation, in der sich arbeitende Kinder und Jugendliche auf ganzen Welt zusammenschliessen, um sich besser fuer ihre Rechte einsetzen zu koennen.
Die arbeitenden Kinder und Jugendliche Potosís sind primaer gemaess ihres Arbeitszweiges organisiert, dort werden Delegierte als Vertreter (span. "lider") gewaehlt, die an den gemeinsamen Treffen bei PASOCAP teilnehmen. Die NATS in der Region Potosí sind in dem Netzwerk CONNATSOP zusammengeschlossen und diese wiederum im bolivianischen Netz UNATsBO. An den Netzwerktreffen nehmen in den untergeordneten Gremien gewaehlte Delegierte teil (z.B. fuhren 2 Del. zu einem nationalen Treffen der UNATsBO, in dem wiederum gewaehlt wurde, wer aus Bolivien zu dem internationalen Treffen der suedamerikanischen NATs faehrt).

Bei PASOCAP informieren sich die arbeitenden Kinder und Jugendlichen in workshops ueber ihre Rechte und bilden sich in "Fuehrerschaft" (span. "liderazgo") weiter. Andere wichtige Dinge, die sie dort lernen, sind Respekt voreinander, auch bei der Arbeit, und Verantwortungsbewusstsein. Doch was den Kindern und Jugendlichen mindestens genauso wichtig ist ist, dass sie dort ihre Freunde treffen, mit aehnlichen Beduerfnissen und Schwierigkeiten.

Sie organisieren sich selber und sie sind verantwortlich fuer das Zustandekommen von Aktivitaeten - die Angestellten im Buero sind dafuer da, sie zu unterstuetzen: In Konflikten vermitteln sie und bei anderen Schwierigkeiten beraten sie. Doch der Hauptaktivist bleibt der Jugendliche.

In der Zeit, in der wir dort waren, liefen die Vorbereitungen fuer das grosse Fest, die Chutillos, auf Hochtouren. Das groesste Fest Potosis zu Ehren des San Bartolomé dauert 3 Tage und Tanzgruppen aus ganz Bolivien reisen dafuer an. Teilnehmen durften alle arbeitenden Kinder und Jugendlichen, die bei den CONNATSOP organisiert sind, aber auch diejenigen, die noch nicht organisiert sind! Jeden Abend wurde der Tanz der "Negritos" ("die kleinen Schwarzen") geprobt. Dann trafen sich bis zu 80 Kinder im Buero von PASOCAP und auf der Strasse wurde mit lauter Musik geprobt.

An den Chutillos nahmen die CONNATSOP zum zweiten mal teil, da es die Moeglichkeit bietet, den Bekanntheitsgrad der Organisation zu steigern. Die Kinder und Jugendlichen machen zu Ehren des Heiligen San Bartolome mit, oder einfach, um Spass zu haben und weil sie gerne tanzen.Der Tanz der Negritos soll an das harte Leben der ehemaligen Sklaven Boliviens erinnern und ist einer von vielen traditionellen Taenzen. Von den CONNATSOP wurde er aus zwei Gruenden ausgewaehlt:
1) sie wollen zeigen, dass es immer noch Ausbeutung gibt.
2) weil die Kleidung der maennlichen Negritos leicht selber herstellbar ist.

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des grossen Aufrtitts, gab es viel zu erledigen, so dass wir einfach mit anpackten. Es musste ein Plakat gemalt werden, die Kostueme mussten organisiert werden, u.v.m. Ausserdem kam eine Gruppe von NATs aus El Alto, La Paz angereist, um mit den CONNATSOP gemeinsam zu tanzen, was zusaetzliche Arbeit bedeutete.

Wir hatten die Moeglichkeit an einer gemeinsamen Versammlung der beiden NATs-Gruppen teilzunehmen. Es waren ueber 70 Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 20 Jahren. Es war spannend den Prozess zu beobachten. So erfuhren wir auch, wie dieses Zusammentreffen der NATS-Gruppen finanziert wurde: Die Kinder und Jugendlichen aus La Paz muessen fuer die Tansportkosten und die Leihgebuehren ihrer Kostueme selber aufkommen, und die Mitglieder von CONNATSOP sind fuer die Unterbringung und das leibliche Wohl verantwortlich. Hierzu zahlen sie kleine Betraege aus ihren Gemeinschaftskassen und schreiben Werbungsbriefe (z.B. an den Buergermeister und Unternehmen/Gewerkschaften), um zusaetzliche Gelder zu aquirieren. Ausserdem muss jeder, der an den Chutillos mittanzt, einen symbolischen Beitrag von 30 BS (= 3€) zahlen, mit dem die Blaskapelle und die Verpflegung waehrend der Parade gezahlt wird. (Fuer manche ist dieser Betrag jedoch schon die Huerde zum Mittanzen.) Ihre Idee ist es, dass sie 80% der noetigen Gelder selber aufbringen, bevor sie Hilfsorganisationen wie PASOCAP oder tdh um finanzielle Unterstuetzung bitten.

Am Sonntag war es dann soweit, die Negritos waren die ersten, die morgens um 9 Uhr losmarschieren mussten. Anfangs waren alle noch sehr aufgeregt, doch als sie sich dann warmgetanzt hatten, lief es dafuer um so besser.... alle haben sich gefreut, als sie nach 4 Stunden ins Ziel liefen....

Um unsere Recherche zu "Vielfalt" weiter zu treiben bereiteten wir fuer die zweite Woche einen workshop vor. In diesem stellten wir unsere Reise kurz vor und was terre des hommes in Deutschland ist und macht. Es war spanned fuer die Jugendlichen zu sehen, dass es dort Kinder und Jugendliche gibt, die sich fuer ihr Wohl einsetzen. Doch am spannensten fanden sie es ihren Arbeitsbereich in Deutschland kennen zu lernen:
Zeitungsverkaeufer <-> Zeitungsautomat
Schuputzer <-> Schuhputzmaschine
Friedhofreiniger <-> Grabpfleger
Gepaecktraeger... hier <-> dort

Anschliessend haben wir mit ihnen ueber Vielfalt geredet, was es fuer sie bedeuetet und wie die lokale Vielfalt durch die Globalisierung des Handels bedroht wird. So konnten wir die Kinder und Jugendlichen, fuer die Vielfalt anfangs noch ein leerer Begriff war, etwas sensibilisieren. Dass sie viele eigene Traditionen und Kulturen in Bolivien haben, das wissen sie, doch dass diese in Gefahr sind, das haben sie noch nicht wirklich realisiert, obwohl sie in der eigenen Familie sehen, dass nur noch die Alten die typischen Trachten tragen... besonders deutlich ist auch das Beispiel ihrer Sprache, des Quetchuas: Die Alten sprechen nur Quetchua und kein Spanisch, die ganz jungen koennen zwar beides, reden aber oft nur Spanisch!

DIASHOW zum Projektbesuch
PASOCAP

Mittwoch, 13. Juni 2007

LA CALETA in Santiago de Chile

Das zweite Projekt, das wir im Rahmen der Radreise besuchten, ist der langjaehrige tdh-Projektpartner LA CALETA, der sowohl in Santiago, als auch den Provinzen arbeitet. Ueber viele Jahre wurde LA CALETA bei verschiedenen Projekten unterstuetzt, doch da Chile als Schwellenland gilt ist die finanzielle Unterstuetzung beendet worden.

Zuletzt wurde ein Projekt mit der Mapuche-Minderheit in der Hauptstadt unterstuetzt, da die in die Stadt ziehenden Mapuche zumeist ihren kulturellen Hintergrund ablegen. Dieses Projekt wurde jedoch bereits vor einigen Jahren beendet, da keine Gelder mehr dafuer zur Verfuegung standen.

LA CALETA steht noch immer mit anderen tdh - Projektpartnern in den anderen Projektregionen (Bolivien, Peru, Kolumbien)in Kontakt und beteiligt sich an der sogenanten "Projektpartner Plattform". Sie wurde als Netzwerktreffen vor Jahren ins Leben gerufen und von den Patnern so gut angenommen, dass sich heute noch ehemalige Projektpartner, wie LA CALETA und FUNDECAM, daran beteiligen.

Derzeit arbeitet LA CALETA schwerpunktmaessig in mittelfristigen Projekten in den “Problembezirken” Santiagos, denen ihr schlechter Ruf voraus eilt. Die Projekte sind etwa auf ein Jahr angesetzt und durch den chilenischen Staat finanziert.


Der Koordinator von LA CALETA hat sich einen Nachmittag Zeit genommen, um uns die Arbeit in zwei Bezirken (die wir ohne Begleitung wahrscheinlich nicht betreten haetten!) zu zeigen. Es handelt sich um einen Bezirk, der vor 40 Jahren aus "Notunterkuenften" erbaut wurde. Eigentlich sollten die Bewohner nach ein paar Jahren in dauerhafte Wohnungen ziehen, doch das ist nie geschehen. Heute leben ganze Familien mit mehreren Generationen auf engstem Raum zusammen. Die Bildungs- und Ausbildungssituation ist schlecht und der Bezirk gilt als Dealerzentrum Santiagos mit hoher Delinquenzrate und einer niedrigen Schwelle zur Gewalt. Die Polizei arbeitet in diesem Bezirk mit "speziellen Anordnungen", die eigentlich gegen das chilenische Gesetz verstossen, jedoch hier zugelassen sind. Vor einem Jahr wurde "hart durchgegriffen" und die Koepfe des Dealerringes wurden verhaftet – mit dem Ergebnis, dass heute die oft noch minderjaehrigen Soehne die Geschaefte uebernommen haben.

LA CALETA versucht in diesem durch Delinquenz gepraegten Bezirk die Jugendlichen zu organisieren und durch Angebote der informellen Bildung von der Strasse zu holen. Durch diese Angebote, die die Jugendlichen selber mitorganisieren, wird ihnen ein neues Handlungsfeld aufgezeigt und ein neues Selbstbewusstsein vermittelt. Dinge die sie z.B. interessieren waren im vergangenen Jahr ein Karneval im Bezirk und ein Tanzgruppe. Der Karneval war ein Riesenerfolg und es beteiligten sich Gruppen aus dem gesammten Stadtgebiet. Vor allem konnte so dass negative Image des Bezirkes aufgebessert werden. Als besonders schwierig beschreiben die Mitarbeiter die Gewinnung des Vertrauens der Jugendlichen und die Schaffung einer Koninuitaet. Oft wechseln die Gruppenmitglieder in kurzer Zeit, so dass die Arbeit auf ein gemeinsames Ziel hin erschwert wird.

Ein weiterer Teil des ganzheitlichen Ansatzes war die Gruendung eines Kindergartens, in dem auch sehr intensiv Elternarbeit betrieben wird - nur wenn auf verschiedenen Ebenen interveniert wird, so die Projektleiter, ist eine langfristige Verbesserung der Situation zu erhoffen.

In dem zweiten Bezirk, den wir kennengelernt haben, liegen die Schwierigkeiten aehnlich. Hier wurden als informelle Angebote u.a. ein Toepfer- und ein Jonglierkurs angeboten und die Vorbereitung einer Ausstellung, in der die Jugendlichen ihren Bezirk vorstellen.


Als Sozialpaedagogen koennen wir uns gut vortsellen, wie schwierig es ist in dem kurzen Projekt-Zeitraum langfristige Veraenderungen zu erreichen. Doch eine Aenderung der chilenischen Sozialpolitik ist nicht abzusehen und so bleiben gelegentliche Praeventionsprojekte ein Tropfen auf den heissen Stein.

Montag, 11. Juni 2007

FUNDECAM, Mapuche-Schule in Temuco, Chile

Im Mai haben wir das erste Projekt erreicht, das terre des hommes - Verbindungen hat, bzw. hatte. In Temuco, Chile, hat terre des hommes (tdh) vor vier Jahren mit der Organisation FUNDECAM (Fundacion de Desarrollo Campesino – Stiftung zur Entwicklung der Bauern) zusammengearbeitet, die die Mapuche-Minderheit auf verschiedenste Art unterstuetzt. tdh hat beim Aufbau der Mapuche-Schule "Trañi-Trañi" geholfen, wo der Staat zwar die Buecher und Mahlzeiten finanziert hat, jedoch nicht das Einrichten der Schule.


Das Schulsystem in Chile funktioniert so, dass der Staat pro Schueler an den "Betreiber" einer Schule Geld zahlt. So ist jede Schule von staatlicher Seite etwas unterstuetzt, doch rentiert sich eine Schule erst ab 25 Schuelern pro Klasse - das ist heute noch so. Doch da Chile verhaeltnissmaessig "entwickelt" ist, ist es schwer geworden fuer die durch die betriebene Politik vernachlaessigten Minderheiten Gelder im Ausland zu aquirieren. Das positive an diesem System ist, dass innovativen Konzepten Raum gegeben wird.

Das besondere bei Trañi-Trañi ist, dass die Schule nach den Richtlinien der Mapuche-Kultur aufgebaut ist und die Kultur der Mapuche in den Unterricht einfliesst. So gibt es auch ein Unterrichtsfach, in dem die Sprache der Mapuche "Mapudungun" gelehrt wird.

Was uns sehr beeindruckt hat ist, dass die Kultur der Mapuche bereits fast vergessen ist und die Sprache von nur noch wenigen Familien gesprochen wird!!! Auch die Riten der Mapuche sind den wenigsten Kindern noch bekannt, so dass sie diese oft erst in der Schule kennenlernen. Die Ursache hierfuer liegt wahrscheinlich darin, dass die Mapuche in den vergangenen 100 Jahren sehr diskriminiert wurden und heute ihre Abstammung gerne verheimlichen. Ein Ziel von Trañi-Trañi ist, dass die Schueler die Schule nach acht Jahren mit einem grossen Selbstbewusstsein, Mapuche zu sein verlassen.

Doch die Bindung an die Kultur der Mapuche ist keine Huerde fur Kinder von Nicht-Mapuche-Familien, die im Umfeld der Schule leben. Und diese Bindung ist auch nicht so dominant, dass die Kinder den Stoff der nationalen Corriculi nicht lernen wuerden, oder sich durch die Omnipraesenz gestoert fuehlen. Viele Schueler sind sogar nach Trañi-Trañi gewechselt, da der Unterricht dort besser ist, als in den umliegenden Dorfschulen - andere sind erst weggegangen, und dann wieder gekommen, aus dem selben Grund. So ist die Schule auf ueber 100 Schueler gewachsen, was fuer eine Dorfschule dieser Region riesig ist!

Ob das Konzept von Trañi-Trañi in die Corriculi der Mapuche-Region uebernommen wird, wird derzeit von dem Ministerium fuer Bildung geprueft - ueber eine Universitaet, da es im Ministerium bisher noch keine Spezialisten zu dem Thema gibt! Die Idee von FUNDECAM ist es, die Schule nach 15 Jahren an die Kommune zu uebergeben, damit die Arbeit weiter geht. Schon heute arbeitet sie eng mit den umliegenden Gemeinden zusammen, zum Beispiel indem die Schueler einmal pro Monat den Gemeindevorsteher besuchen und sich mit ihm austauschen.

Wir hatten das Glueck die Schule am "Tag des Schuelers" zu besuchen, so dass wir einen Akt mitbekamen, bei dem auch ein ritueller Tanz praesentiert wurde. Hier haben wir gelernt, dass in der Mapuche-Kultur immer alles paarweise auftritt, so wurden uns auch gleich zwei Taenze praesentiert, die musikalisch von den Schuelern selbst begleitet wurden.



Die eigentliche Schwerpunkt der Arbeit von FUNDECAM ist, wie es der Name schon sagt, die Unterstuetzung der Mapuche-Bauern in der Region. Die Region erstreckt sich ueber ein Gebiet von den Anden bis zum Pazifik und etwa 300 km von Nord noch Sued. Wir haben bei unserem Besuch die Pazifikregion kennengelernt.

Am ersten Tag waren wir dabei, als Pumpen und Wassertanks aufgebaut und installiert wurden. Bei dieser Arbeit ist es wichtig, dass alle der Gemeinschaft sich beteiligen und mit anfassen. FUNDECAM stellt lediglich das know-how und die Geraetschaften zur Verfuegung. Die Finanzierung wird so geregelt, dass die Empfaenger und FUNDECAM jeweils 50 % der Kosten uebernehmen. Das Ziel dabei ist, dass die Bauern sich kuenftig alleine um die Instandhaltung kuemmern koennen und durch die gemeinsame Arbeit noch naeher zusammenruecken. Denn nur, wenn sie sich zusammenschliessen, haben sie die Moeglichkeit die Unterstuetzung, die ihnen zustehen, vom Staat einzufordern. Eine klassische Hilfe zur Selbsthilfe, sozusagen.
Das ist der alte Brunnen der 4-koepfigen Familie...




Dazu gehoert auch, dass sie sich organisieren, was wir bei unserem zweiten Ausflug in die Gemeinde miterlebt haben. Bei einer Versammlung aller – Frauen und Maenner von jung bis alt – wurde ueber die Beduerfnisse gesprochen, die es in der Gemeinschaft gibt. Hierbei wurde darauf geachtet, dass die Frauen sich ueberlegen, was sie benoetigen, und die Manner, was ihnen am meisten fehlt. Diese Dinge (Maschendrahtzaun, fliessendes Wasser, Gewaechshauser, oder aehnliches) werden spaeter durch FUNDECAM teilfinanziert.



Fuer die Mapuche ist der Umgang mit den chilenischen Rechtstaatssystem noch fremd und bei Beduerfnissen stehen sie oft hilflos vor dem System und kapitulieren, noch bevor sie einen Schritt wagen konnten. Auch in diesen Rechtstreitigkeiten unterstuetzt FUNDECAM sie. So wurde zum Beispiel eine Strasse quer durch das Gemeideland gebaut. Sie sollte “Entwicklung” bringen, doch da die Planung nicht ganzheitlich konzipiert wurde hat sie z.B. das natuerliche Wassersysten des gesamten Territoriums zerstoert, so dass nun staendig Wasser auf den Feldern steht.
Eine Frau hat sich mit dem Bau der Strasse schon im Vorfeld nicht einverstanden erklaert, so dass vor ihrem Haus die Asphaltierung unterbrochen ist. Da es in Chile ein Gesetz gibt, das besagt, dass sich niemand der “Entwicklung des Landes widersetzen darf” steht nun eine Gerichtsverhandlung aus. FUNDECAM versucht sie in diesem Fall zu unterstuetzen. Derzeit gibt es viele deartige Konflikete in der Region.

Obwohl FUNDECAM bereits seit vielen Jahren nicht mehr durch terre des hommes Deutschland unterstuetzt wird, steht sie noch in stetem Kontakt zu anderen tdh-Partnern. Waeren wir einen Tag eher angereist, haetten wir noch eine Vertreterin von PRATEC (einem Projektpartner tdh's aus Peru) kennengelernt, die eine Woche zu Besuch bei FUNDECAM war. So werden wir den persoenlichen Kontakt wohl erst in Peru aufnehmen koennen.